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Die Martinskirche in Bernburg

Ende des 19. Jahrhunderts wurden im Zuge der Industrialisierung Bernburgs (z.B. Solvay-Werke, Kalisalz-Bergbau) neue Wohnquartiere in der Bergstadt Bernburgs erschlossen. Die Gründerzeit lässt sich an der weitgehend erhaltenen Bausubstanz ablesen, die Einwohnerzahl der Stadt stieg. Pfarrkirche war bisher die Schlosskirche St. Aegidien, doch wurde durch die zunehmende Bevölkerungszahl eine weitere Kirche notwendig. Diese entstand in den Jahren 1884-87 als neogotischer Sandsteinbau. Ihr Kennzeichen ist der weithin sichtbare 64 Meter hohe spitze Westturm, in dessen oberen Bereich eine Plattform Aussicht (bei guter Fernsicht bis zum Harz) bietet. Eine weitere architektonische Besonderheit ist, dass durch die sehr schmalen Seitenschiffe die dreischiffige Saalkirche mit polygonal geschlossenem einschiffigen Chor eine Einheitlichkeit des Innenraumes bietet, wie es für Hallenkirchen eher untypisch ist. Die Ausstattung des Bauwerkes ist weitgehend original erhalten, lediglich die ursprünglichen Bronzeglocken (und Kupferleuchter) mussten infolge des Ersten Weltkrieges durch ein Stahlgussgeläut ersetzt werden. Der Innenraum ist in gedeckten ocker-, sand- oder braungetönten Farben gehalten, denen dunkelbraune Holzfarbtöne kontrastieren.

Martinsplatz und Martinskirche im 19. Jhd.

Besonders im Chorraum wird das deutlich: Hier sind Wände und Fensterlaibungen mit hellen Farben gestrichen, Wandteppiche bringen einen rötlichen Kontrast, auf ihnen finden sich u. a. die Evangelistensymbole; diese wiederum zieren auch die sandfarben-braunen Fliesen des gesamten Chorraumes. Adler, Stier, Engel und Löwe finden sich auch an der Kanzel wieder. Blickfang für den östlichen Bereich der Kirche sind die farbigen Chorfenster; sie sind ornamental gestaltet, lediglich das mittlere bietet Martin Luther und Philipp Melanchthon, Christus als Weltenherrscher flankierend. (Ein Sakristeifenster zeigt den Hl. Martin von Tours, doch ist die Kirche nach Martin Luther benannt.) Eine Besonderheit stellt das ikonographische Programm des Altares dar, denn hier finden sich unter einem Kruzifix vier Plastiken alttestamentlicher Figuren: Abel, Melchisedek, Isaak und Aaron. Die Kirche besitzt auf der Westempore eine dreimanualige Rühlmann-Orgel aus den Jahren 1897/1900 mit 33 Registern und pneumatischer Traktur. Unter der Westempore ist eine Winterkirche eingerichtet, die außer für Gottesdienste in der kalten Jahreszeit für kleinere Gemeindeveranstaltungen und Ausstellungen genutzt wird.