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Die eiserne Jungfrau auf Falkenstein

Die frühere Bestimmung der Keller unter dem Palas ist unverkennbar, man findet in ihnen sogar ein sargähnliches, nur sechs Fuß langes Gemach und gegenüber einen langen und schmalen, an der Wand aufgemauerten Kasten, der gleich einem Schornsteine das unterirdische Gewölbe mit einer oberen Halle in Verbindung setzt und gerade weit genug ist, um einen menschlichen Körper durchzulassen. Nach mündlicher Überlieferung habe über dieser geheimnisvollen Passage auf einer Falltür eine spanische Jungfrau gestanden, eine jener von barbarischer Phantasie erfundenen Mordmaschinen, die in vielen alten Schlössern angetroffen wurden und blutgieriger Tyrannei, boshafter Eifersucht oder lichtscheuer Rachbegier dienstbar waren. Dem Höfling, der sich vergangen, diktierte man gnädigst die lind scheinende Strafe, die Jungfrau zu küssen. Näherte er sich jedoch dem hölzernen Frauenbilde zu dem schwach erleuchteten Gemache, so setzte sein eigener Fußtritt geheime Federn und Räder in Bewegung, die ausgebreiteten Arme der gespenstischen Buhlin drückten sich um ihn und durchschnitten mit versteckten Klingen seine Weichen, und zahllose Dolchspitzen, die aus ihrem Busen hervorstanden, zerfleischten seine Brust; dann lösten sich die Arme der Maschine wieder, vor ihr sank eine Falltür nieder und das an unzählbaren Todeswunden verblutende Opfer stürzte, begleitet vom Hohngelächter verborgener Henker in ein Verließ hinunter, wohinein nimmer ein Menschenauge drang und seinem letzten Kampfe tröstend zur Seite stand; doch endete er sicherlich, als der Jammermann, den man in dem erstbeschriebenen Steinsarg lebendig begrub, den menschliche Unbarmherzigkeit zu einem langsamen und qualvollen Tode in eine Nacht verstieß, und seine Qualen mit grausamster Bedachtsamkeit durch die oben in der Zelle angebrachten Luftlöcher zu verlängern suchte."