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Der Schatzgräber von Harzgerode

In der Gegend von Harzgerode saßen zwei arme Waldarbeiter am Feuer und berieten, wie sie ihre Not beenden könnten. Plötzlich hörten sie Zweige knacken. Als sie sich umsahen, tauchte aus dem Unterholz ein Mann mit schwarzen, zottigen Haaren und stechendem Blick auf, der näher zu ihnen herantrat: “Ihr Harzleute plagt Euch mit dem Geldverdienen ab“, raunte er,“ dabei birgt der Boden, auf dem Ihr steht, Schätze in Hülle und Fülle. Ihr braucht nur zu graben!“ „Das möchten wir schon“, meinte einer der Waldarbeiter,“ aber wo finden wir den Reichtum?“ „Seid heute eine Stunde vor Mitternacht hier am Ort, und ich zeige Euch, wo Gold in der Erde steckt, nur haltet eure Zungen im Zaume, sonst grabt Ihr vergebens!“ Zur vereinbarten Zeit trafen die drei wieder zusammen, es war stockfinster, der Sturm schüttete die Bäume, und die beiden Waldarbeiter fürchteten sich insgeheim vor dem Fremden. Dieser führte sie auf eine große Wiese, umschrieb mit der Radehacke einen Kreis und forderte sie auf, hier eine Grube auszuheben. Kaum hatten sie sich an die Arbeit gemacht, klirrten ihre Spaten schon auf Metall, und vor Freude schaufelten sie schneller. Doch da erschienen im matten Mondlicht Spukgestalten, die einen Galgen in die Erde rammten und um die frische Grube mit schauerlichen Grabgesängen tanzten:

„Wen bergen wir in dieser Gruft?
Der atmet froh noch Heideluft;
Der gräbt nach Gold noch, gräbt und gräbt,
Weiß nicht, dass ihn der Tod umschwebt!“

Der Fremde spornte die Waldarbeiter zur Eile an, diesen aber stockte bei dem Tun und Treiben der Kobolde der Atem.

„Wen hängen denn zu Schmuck und Zier
An unseren schönen Galgen wir?
Den mit dem schwarzen Hosenstreif,
Der war schon lange für uns reif!“

Und nach einer Pause erschall wieder der Geisterchor:

„Wie lange bleibt dem Tropf noch Zeit,
Eh er marschiert zur Ewigkeit?
Nicht eine halbe Stunde mehr,
Dann steckt er schon im Teufelsheer!“

Klaus Hagenbrok, der wirklich eine schwarzgestreifte Hose trug, überkam Todesangst und außer sich vor Entsetzen, schrie er: "Ihr Teufelspack, schert Euch fort von hier!" Eine schallende Ohrfeige brachte ihn dahin zurück, wo er war; der Schatz versank vor ihren Augen, und die Geister waren wie vom Erdboden weggefegt. Der Schatz liegt noch heute vor dem Wiesengrund und wartet auf einen beherzten Ausgräber, der schweigen kann.