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Die Sage vom „Schmalen Heinrich“

Wieder einmal war ein Feind gemeldet. Aus Richtung Magdeburg sollte er im Anmarsch sein. Alle Türme der Stadt waren mit Wachen besetzt, aber dem Wächter auf dem Schmalen Heinrich war diesmal gar nicht wohl bei seinem wichtigen Amte. Drei Nächte schon hatte er keinen richtigen Schlaf gehabt, hatte er doch zu Hause diese drei Nächte bei seinem schwerkranken Kinde gewacht. Die Augen brannten ihm vor Müdigkeit. Immer wieder senkten sich seine Augenlider bleischwer für einige Augenblicke - Augenblicke, die immer häufiger und länger wurden. Endlich raffte er sich zu einem Rundgang auf. Dabei fiel sein Blick auf eine Schar von Kranichen, die sich im Sumpfgelände nördlich der Stadt niedergelassen hatte. Die Vögel schliefen, bis auf einen, der für alle das Wächtersamt übernommen hatte. Doch auch ihm schien das Wachen nicht leicht zu sein. Sein Kopf sank immer wieder nach vorn. Doch augenblicklich fiel ein Erdklumpen zu Boden, den der Kranich gehalten und nun im beginnenden Schlafe fallen gelassen hatte. Der Kranich erwachte und nahm den Erdklumpen sofort wieder auf. Sollte sich der Türmer durch den Kranich beschämen lassen? Da plötzlich flogen die Kraniche mit lautem Geschrei auf. Irgendetwas hatte sie erschreckt. Nun war auch schon von fern das Klappern und Klirren der Waffen eines herannahenden Feindes zu hören. Der Türmer blies Alarm. Die Tore wurden verschlossen, die Brücken aufgezogen und die Mauern besetzt. Vergeblich rannte der Feind gegen die besetzte Stadt an. Unter schweren Verlusten zog er sich zurück. Der Türmer aber kam zu hohen Ehren und ließ aus Dankbarkeit und zur Erinnerung auf der Spitze des Turmes eine Wetterfahne anbringen, die den wachsamen Kranich zeigt.