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KZ-Häftlinge in Aschersleben

Im Zweigwerk Aschersleben der Junkers Werke wurde ein Außenkommando des Konzentrationslagers Buchenwald eingerichtet. Es bestand vom 7. Juli 1944 bis zum 10. April 1945 unter dem Decknamen „Maus“. Am 31. Januar 1945 wurden 446 Männer und am 22. März 1945 497 Frauen registriert. Die Häftlinge wurden unter menschenunwürdigen Bedingungen im Lager festgehalten. Das Männer- und Frauenlager war streng voneinander isoliert. Die männlichen Häftlinge waren in Halle 4, die gleichzeitig Unterkunft und Arbeitsplatz war, untergebracht. Kein Arbeiter dürfte sich den Häftlingen nähern. Sie waren von einem 3m hohem Stacheldrahtzaun umgeben, der von Starkstrom durchflossen wurde. Hinter dieser Absperrung patrouillierten SS-Posten, die auch die Bewachung während der Arbeit vornahmen. Der Konzern traf alle Vorkehrungen, um eine Flucht unmöglich zu machen. Die Häftlinge dürften sich nicht einmal den Ecken der Umzäunung nähern. Schon beim Versuch machte die SS Gebrauch ihrer Schusswaffen. Am Anfang waren die im Lager festgehaltenen Personen nur Hilfsarbeiter. Später jedoch mussten sie angelernt werden, wodurch sie Kontakt mit ihrer Außenwelt aufnehmen konnten.

Die Lebensbedingungen im KZ-Außenlager Aschersleben

Heinrich Himmler sagte am 4. Oktober 1943: „Ob die anderen Völker in Wohlstand leben oder ob sie verrecken vor Hunger, das interessiert mich nur soweit, als wir sie als Sklaven für unsere Kultur brauchen; anders interessiert mich das nicht.“ Dieser Ausspruch traf auch auf die KZ-Häftlinge in Aschersleben zu, auch sie wurden nach diesem Prinzip behandelt. Sie mussten in Tag- und Nachtschichten im Wechsel im 12-Stunden-Rhythmus arbeiten. In der Nacht oder wegen den wenigen Ruhepausen kamen sie wegen des großen Lärms kaum zur Ruhe und Schlaf war kaum möglich. In den miserablen Unterkünften mussten die Häftlinge auf einfachen Holzpritschen schlafen. Schon bei kleinsten Fehlern oder Mängeln wurde der „Saboteur“ bestraft. Wenn die Arbeit nicht in dem dafür vorgesehenen Zeitraum geschafft wurde, mussten die Häftlinge noch länger als 12 Stunden arbeiten. Die Kleidung der KZ-Häftlinge im Junkers- Flugzeug- Motorenwerk- Aschersleben beschränkte sich auf das Notwendigste. Sie bestand aus einer blau- weiß- gestreiften Hose und Jacke, aus Holzpantoffeln und einem Käppi. Das Essen wurde von den Häftlingen zubereitet, auch dabei standen sie unter SS-Kontrolle. Die Kriegsgefangenen, Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge mussten ihr Essen in gesonderter Form einnehmen, wobei die KZ-Häftlinge jedoch die wertloseste Nahrung bekamen. In der Halle 4 befand sich die Krankenhalle, die hoffnungslos überfüllt war. Die Häftlinge waren von Hunger, Krankheit und Überarbeitung so erschöpft, dass sie kaum noch fähig waren richtig zu arbeiten. Richard Hebecker, einer der Arbeiter sagte: Auf den Pritschen lagen nur noch lebende Menschenskelette.“ Viele der Häftlinge starben im Konzentrationslager Aschersleben. Eine genaue Zahl konnte jedoch nicht ermittelt werden.

Der Terror im Konzentrationslager Aschersleben

Die Häftlinge in Konzentrationslager in Aschersleben wurden physisch und psychisch terrorisiert. Sie wurden gefoltert, erschlagen, erschossen und mussten vor Hunger sterben. Eine Unterhaltung der Häftlinge mit anleitenden Arbeitern war verboten. Die Häftlinge waren völlig isoliert. Die Leitung des Werkes und die SS bildeten gemeinsam einen gut funktionierenden Terrorapparat. Schon für geringfügige Vergehen bekamen die Häftlinge harte Strafen und auf Fluchtversuch stand die Todesstrafe. Die SS erschoss die festgehaltenen Menschen ohne eine Verurteilung. Ein erschossener Pole wurde zwei Tage auf dem Gelände liegengelassen. Er sollte zur Abschreckung dienen. Manche Gefangenen mussten bis zu acht Tagen mit verschränkten Armen stehen bleiben, wieder andere wurden dazu gezwungen, ihr Gesicht und den Körper der Außenwand der Halle 4 zuzuwenden. So mussten sie bei jedem Wetter stehen bleiben. Die Gefangenen wurden durch den katastrophalen Ernährungszustand und die Folterung an den Rand des kräftemäßigen Leistungsvermögens gedrängt. Die Direktion der Junkerswerke und die SS erdachten sich immer neue Strafen, um den Häftlingen das Leben zu Hölle zu machen. Zum Beispiel mussten die festgehaltenen Menschen stundenlang Kniebeuge machen. Für die Direktion und die SS waren die Gefangenen nur Menschen 2. Klasse und jeder beliebige Wachposten hatte die Befugnis, sie zu treten und zu schlagen.

Die Frauen im Konzentrationslager Aschersleben

Die ungarischen Frauen waren getrennt von den Männern, in der Nähe der Halle 5 in Kleinbaracken, untergebracht. Unter ihnen befanden sich auch Mädchen von gerade 14 Jahren. Die Baracken waren von einem Stacheldrahtzaun umgeben. Ebenso wie die Männer, mussten auch die Frauen schwere Arbeit verrichten. Die Frauen waren im 12-Stunden-Rhyth-mus mit der Bearbeitung von Flugzeugteilen beschäftigt, weil in den Kleinbaracken über längere Zeit keine 500 Frauen untergebracht werden konnten. Die Bewachung der Frauen ging von weiblichem Wachpersonal aus und auch sie schlugen die Häftlinge und machten ihnen das Leben zur Qual. Die Verpflegung war auch hier nur notdürftig. Sie bestand aus einer wasserähnlichen Suppe und trockenem Brot.

Die Solidarität und Kameradschaft im KZ in Aschersleben

Bei der Beurteilung der Widerstandsarbeit und Solidarität in diesen Außenkommandos des Konzentrationslagers Buchenwald müssen die unmenschlichen Lebens- und Existenzbedingungen beachtet werden. Über das Leben der Häftlinge im Lager, in dem SS und Konzern den Terrorapparat gemeinsam bildeten, ist sehr wenig bekannt. Beim dreitägigen Evakuierungsmarsch, bei dem die Gefangenen ohne Nahrung 100 km weit gehetzt wurden, stellten sie ihre Kameradschaft zum Beweis. Sie schleppten von Erschöpfung und Kraftlosigkeit zusammengebrochenen Kameraden mit sich. Wer zurück blieb, wurde von der SS durch Genickschuß getötet. Die Häftlinge durften keine Verbindung mit der Bevölkerung der umliegenden Ortschaften eingehen und sie hatten auch keinen Kontakt zu den Stammarbeitern des Werkes. Nur Richhard Hebecker, ein deutscher Arbeiter, konnte den Häftlingen helfen. Ihm oblag als Werkssanitäter die Kontrolle der KZ-Sanitäter. Er hatte die Möglichkeit, die kranken Gefangenen, wenn auch nur für kurze Zeit, von der Arbeit zu befreien. Wirksame Unterstützung wurde den Häftlingen während des Evakuierungsmarsches von den Einwohnern des Ortes Mühlbeck zuteil. Sie retteten durch ihre Hilfe vielen KZ-Häftlingen das Leben. Die Gefangenen waren nach drei Tagen ohne jegliche Nahrung so hungrig, dass sie sogar Gras aßen. die Nazis des Ortes lehnten eine Verpflegung der KZ-Häftlinge ab. Die anderen Einwohner jedoch organisierten unter der Leitung von Paul Pfeiffer und Otto Gorges Verpflegung für die Gefangenen. Im Gasthaus gab es für sie Kartoffelsuppe und Kaffee. Außerdem verteilten die Frauen belegte Brote, obwohl sie selbst nicht im Überfluss lebten. Einem KZ-Häftling wurde sogar Fluchthilfe geleistet. Ein Einwohner hängte Zivilsachen in den Garten des Pfarrhauses.

Den Todesmarsch der KZ-Häftlinge Aschersleben

Mitte April war ein großer Teil Deutschlands vom Faschismus befreit. Am 12. April 1945 besetzten amerikanische Truppen das Gebiet um Aschersleben. Somit waren die Häftlinge im KZ-Lager der Junkerswerke Aschersleben nicht sicher und wurden von der SS evakuiert. Der Beginn der Vorbereitungen wurde auf Mitte März 1945 geschätzt. Ein genaues Datum ist nicht bekannt. Der erste Evakuierungstransport vollzog sich am 6. April 1945. An diesem Tag begann bis auf wenige Ausnahmen für alle sowjetischen KZ-Häftlinge der Marsch in die Ungewissheit. Er führte in Richtung Torgau. Über den Verbleib dieser Häftlinge ist nichts bekannt. Der zweite Evakuierungsmarsch fand am 11. April 1945 statt. Hierbei mussten sowohl die verbleibenden sowjetischen Häftlinge, als auch die Männer und Frauen der anderen Nationen, das Lager verlassen. Auch dieser Transport führte in Richtung Torgau. Der erste Abschnitt des Weges kann nur vermutet werden. Wahrscheinlich führte er von Aschersleben über Alsleben, Könnern, Domnitz und Morl nach Halle. Ab Halle ist der weitere Weg bekannt. Er führte die Häftlinge von Halle über Bitterfeld, Mühlbeck nach Torgau und von dort wieder zurück nach Mühlbeck. Die KZ-Häftlinge legten in drei Tagen 100 Kilometer zurück. Die meisten von ihnen waren krank, hungrig und entkräftet und so kam es, dass die SS unterwegs viele Gefangene die nicht mehr laufen konnten erschoss.

Am Sonnabend, den 14. April 1945 kamen 150 Häftlinge gegen 20.00 Uhr in Mühlbeck an. Ein Teil der SS hatte sich aus Furcht vor den sowjetischen und amerikanischen Truppen abgesetzt. So kam es, dass der Rest der SS und die Hilfspolizei die Bewachung der Häftlinge übernahmen. Die KZ-Gefangenen wurden schließlich in einer Schule untergebracht und einige hilfsbereite Bewohner Mühlbecks kümmerten sich um die Verpflegung. Am nächsten Tag fuhren drei Lastautos vor, in die die Häftlinge gebracht wurden. Jeder von ihnen wusste, dass mit Erreichen Torgaus ihr Leben in Gefahr war. Die Gefangenen schrieen, weinten und leisteten Widerstand. Danach wurden alle KZ-Häftlinge abtransportiert. Kurz vor erreichen der Stadt Torgau stellte man fest, dass auf der anderen Seite der Elbe sowjetische Truppen standen. Man beschloss die Rückkehr und in einem kleinen Waldstück bleiben die Gefangenen sich selbst überlassen. Sie marschierten zurück nach Mühlbeck, wo sie gegen 18.00 Uhr ankamen und wieder in der Schule untergebracht wurden. Am nächsten Tag mussten die Häftlinge das Dorf auf Anforderung der faschistischen Ortsverwaltung verlassen. Wieder verteilten die Einwohner Brote an die KZ-Häftlinge. Die Kranken und Schwachen wurden auf Lastautos geladen und Richtung Düben abtransportiert. Die übrigen Häftlinge marschierten in dieselbe Richtung. Der Verbleib dieser Gefangenen und ihr Schicksal sind unbekannt. Nach der Befreiung vom Faschismus wurden 68 von der SS ermordete Häftlinge in der Umgebung von Mühlbeck gefunden. Wegen Erschöpfung wurden sie von der SS durch Genickschuss auf der Straße getötet und dann nur notdürftig verscharrt. Wahrscheinlich ist die Gesamtzahl der Toten bedeutend höher als die Zahl der gefundenen toten Häftlinge. Am 1. Juli 1945 wurden die 68 Toten in Mühlbeck feierlich beigesetzt. Heute steht in Mühlbeck ein Gedenkstein mit folgender Inschrift: „Hier ruhen 68 Opfer des Faschistischen Terrors, die auf dem Todesmarsch aus dem KZ-Buchenwald im April 1945 ihr Leben ließen.“

Die Kriegsgefangenenlager in der Stadt Aschersleben

Auch die Stadt Aschersleben hatte fünf verschiedene Lager für Zivil- und Zwangsarbeiter zu verzeichnen.

- Das erste Objekt waren die Junkerswerke in Aschersleben.
- Das zweite Objekt waren die Baracken in der Tonkuhle in Aschersleben.
- Als drittes Objekt wurde im Seegraben ein Lager eingerichtet.
- Das vierte Objekt war das Burghaus, Waldschlösschen, die Kegelbahn „Weiße Taube“ und das Landhaus.
- Als letztes und fünftes wurden die Zwangsarbeiter bei Landwirten in der Stadt Aschersleben untergebracht.

Auch Kriegsgefangenenlager wurden in der Stadt Aschersleben eingerichtet. Davon konnte man von sieben an der Zahl sprechen.

- Das russische Lager befand sich an der Güstener- Gierslebener- Straße.
- Die Reichsbahn Aschersleben wurde als Kriegsgefangenenlager mit einbezogen.
- Bei Billeter und Klunz an der Wilslebener Straße wurde das dritte Lager eingerichtet.
- Das vierte Lager war an der Heeresmunitionsanstalt, damals Muna, an der Wilslebener Straße.
- An der Zuckerfabrik Aschersleben.
- Am Barackenlager an der Mehringer Straße und an der Staßfurter Höhe 40 - 42